AWS Germany – Amazon Web Services in Deutschland

Fünf Fakten zur tatsächlichen Funktionsweise des CLOUD Act

von Bob Kimball
Bei  Amazon Web Services (AWS) haben Kundendatenschutz und -sicherheit höchste Priorität. Wir bieten unseren Kunden branchenführenden Datenschutz und erstklassige Sicherheit bei der Nutzung der AWS Cloud – weltweit. In den vergangenen Monaten haben wir ein gestiegenes Interesse zum Umgang mit behördlichen Datenanfragen festgestellt. Viele dieser Fragen beziehen sich auf ein US-amerikanisches Gesetz aus dem Jahr 2018, den Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act (CLOUD Act). Tatsächlich hat der CLOUD Act der US-Regierung keinerlei neue Befugnisse eingeräumt, Daten von Anbietern anzufordern, sondern schafft vielmehr wichtige rechtliche Leitplanken zum Schutz von Inhalten.
Um diese Thematik in den richtigen Kontext zu setzen:  Seit wir 2020 mit der statistischen Erfassung begonnen haben, gab es keine Datenanfragen an AWS, die zur Offenlegung von außerhalb der USA gespeicherten Kundeninhalten von Unternehmens- oder Regierungsdaten gegenüber der US-Regierung geführt haben. Unser Engagement zum Schutz von Kundendaten wird durch mehrere Ebenen rechtlichen, technischen und operativen Schutzes untermauert. AWS hat beispielsweise seine Kernprodukte und -services so konzipiert, dass nur Kunden selbst und die von ihnen autorisierten Personen auf die Kundeninhalte zugreifen können. In diesen Fällen müsste jede Regierung, die Zugriff auf Kundeninhalte wünscht, diese Daten direkt beim Kunden anfragen. Darüber hinaus bietet das US-Recht selbst zahlreiche gesetzliche Schutzmaßnahmen, die das Risiko verringern, dass AWS zur Offenlegung von Unternehmens- oder Regierungsdaten verpflichtet werden könnte. Das US-Justizministerium (DOJ) hat in den letzten acht Jahren zusätzliche operative Schutzmaßnahmen implementiert.
Vor diesem Hintergrund möchten wir einige häufige Missverständnisse über den CLOUD Act ansprechen und Klarheit darüber schaffen, wie sich dieses Gesetz auf AWS Kunden weltweit auswirkt – oder eben nicht auswirkt. Außerdem erweitern wir unsere  FAQ zum CLOUD Act, um unseren Kunden und Partnern den Umgang mit diesem Thema zu erleichtern.

Fakt 1: Der CLOUD Act gewährt der US-Regierung keinen uneingeschränkten oder automatischen Zugriff auf in der Cloud gespeicherte Daten

Der CLOUD Act wurde verabschiedet, um Herausforderungen zu bewältigen, denen Strafverfolgungsbehörden bei der Beschaffung von im Ausland gespeicherten Daten in grenzüberschreitenden Ermittlungen zu schweren Straftaten begegneten. Dazu gehören Terrorismus und Gewaltverbrechen bis hin zu sexueller Ausbeutung von Kindern und Cyberkriminalität. Der CLOUD Act ermöglicht es den USA in erster Linie, gegenseitige Vollzugsvereinbarungen mit vertrauenswürdigen ausländischen Partnern zu schließen, um Zugang zu elektronischen Beweismitteln für Ermittlungen bei schweren Straftaten zu erhalten, unabhängig vom Speicherort der Beweise, indem Sperrgesetze nach US-Recht aufgehoben wurden. Viele Regierungen stützen sich auf nationale Gesetze, um von Anbietern innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs die Offenlegung elektronischer Daten unter der Kontrolle der Unternehmen zu verlangen, unabhängig davon, wo die Daten gespeichert sind. In ähnlicher Weise stellte der CLOUD Act klar, dass US-Strafverfolgungsbehörden bestehende Befugnisse wie einen gerichtlich genehmigten Durchsuchungsbeschluss nutzen können, um Daten unter der Kontrolle eines Anbieters anzufordern, unabhängig vom Speicherort der Daten; die Vollzugsvereinbarungen ermöglichen die Wirksamkeit dieser gegenseitigen Gesetze, unterstützt durch strenge verfahrensrechtliche und materielle Schutzmaßnahmen.

Der Zugriff auf Daten nach US-Recht ist bei weitem nicht uneingeschränkt oder automatisch möglich, und Strafverfolgungsbehörden müssen strenge rechtliche Standards erfüllen. Nach US-Recht ist es Anbietern sogar untersagt, Daten ohne rechtliche Ausnahmeregelung an die US-Regierung weiterzugeben. Um einen Anbieter zur Offenlegung von Inhaltsdaten zu verpflichten, muss die Strafverfolgungsbehörde einen unabhängigen Bundesrichter davon überzeugen, dass ein hinreichender Verdacht bezüglich einer bestimmten Straftat besteht und dass Beweise für diese Straftat am zu durchsuchenden Ort gefunden werden (das heißt in einem bestimmten elektronischen Konto wie einem E-Mail-Account). Dieser Rechtsstandard muss durch konkrete und vertrauenswürdige Fakten belegt werden. Jeder Durchsuchungsbeschluss muss diese strenge Prüfung des hinreichenden Verdachts anhand glaubwürdiger Fakten, Spezifität und Rechtmäßigkeit bestehen, muss von einem unabhängigen Richter genehmigt werden und muss die Anforderungen hinsichtlich Umfang und Zuständigkeit erfüllen. Im Mai 2023 hat das DOJ außerdem eine Richtlinie erlassen, wonach Staatsanwälte, die nachweislich im Ausland gespeicherte Beweismittel anfordern, vor Erhalt einer entsprechenden Anordnung die Genehmigung des Office of International Affairs (OIA) des Ministeriums einholen müssen. Die DOJ-Richtlinie zu Beweismitteln im Ausland weist darauf hin, dass jede Nation Gesetze zum Schutz ihrer Souveränität erlässt; das OIA arbeitet daran, diesbezügliche Fragen zu klären und Staatsanwälte bei der Auswahl eines geeigneten Mechanismus zur Sicherung von Beweismitteln zu unterstützen.

Fakt 2: AWS hat seit Beginn der statistischen Erfassung keine Kundeninhalte von Unternehmens- oder Regierungskundendaten aufgrund des CLOUD Act offengelegt

AWS verfügt über strenge Verfahren zur Bearbeitung von Anfragen von Strafverfolgungsbehörden aus allen Ländern, um deren Legitimität zu prüfen und sicherzustellen, dass sie geltendem Recht entsprechen. AWS erkennt die legitimen Bedürfnisse von Strafverfolgungsbehörden bei der Untersuchung krimineller und terroristischer Aktivitäten an, aber diese müssen die rechtlichen Schutzmaßnahmen für solche Ermittlungen beachten. Wir geben Kundendaten auf keinerlei behördliche Anfragen heraus, es sei denn, wir sind dazu durch eine rechtlich gültige und verbindliche Anordnung verpflichtet. Dies haben wir in unseren rechtlichen Bedingungen öffentlich zugesichert. Darüber hinaus werden wir behördliche Anfragen anfechten, die gegen das Gesetz verstoßen, zu weitreichend oder anderweitig unangemessen sind (beispielsweise, wenn eine solche Anfrage die Grundrechte von Personen verletzen würde). Wenn wir solche Anfragen nach Inhalten von Unternehmenskunden erhalten, unternehmen wir alle angemessenen Anstrengungen, um Strafverfolgungsbehörden an den Kunden zu verweisen und den Kunden zu benachrichtigen, wenn dies rechtlich zulässig ist. Wenn wir zur Offenlegung von Kundeninhalten verpflichtet sind, benachrichtigen wir die Kunden vor der Offenlegung, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich gegen die Offenlegung zu schützen, sofern dies nicht gesetzlich untersagt ist. Wenn AWS nach Ausschöpfung dieser Schritte weiterhin zur Offenlegung von Kundendaten verpflichtet ist und wir die technische Möglichkeit dazu haben (was, wie oben beschrieben, in vielen Fällen nicht der Fall ist), legen wir nur das zur Erfüllung des rechtlichen Verfahrens unbedingt Notwendige offen.

In Übereinstimmung mit unserer Richtlinie, Strafverfolgungsbehörden an die Kunden zu verweisen, hat auch die Computer Crime and Intellectual Property Section des DOJ Leitlinien herausgegeben, die Staatsanwälte anweisen, Daten grundsätzlich direkt von einem Unternehmen anzufordern, wie beispielsweise von einem Unternehmen, das Daten bei einem Cloud-Anbieter speichert, und nicht vom Anbieter selbst.

Ein deutlicher Beleg für die Wirksamkeit unserer Maßnahmen und der strengen gesetzlichen Anforderungen ist die Tatsache, dass AWS seit Beginn der statistischen Erfassung im Jahr 2020 keine außerhalb der USA gespeicherten Kundeninhalte von Unternehmens- oder Regierungskundendaten an die US-Regierung weitergegeben hat. Diese Bilanz spiegelt die technischen Schutzmaßnahmen von AWS, die robusten rechtlichen Schutzmaßnahmen im US-Recht, die vom DOJ umgesetzten Richtlinien und die Art der strafrechtlichen Ermittlungen wider, die sich hauptsächlich auf die Sammlung elektronischer Beweise aus Verbraucherkonten konzentrieren.

Fakt 3: Der CLOUD Act gilt nicht nur für Unternehmen mit Hauptsitz in den USA – er gilt für alle Anbieter, die Geschäfte in den Vereinigten Staaten tätigen

Der CLOUD Act gilt für alle Anbieter von elektronischen Kommunikationsdiensten oder Remote-Computing-Diensten, die in den USA tätig sind oder dort eine rechtliche Präsenz haben – unabhängig vom Standort ihres Hauptsitzes. Beispielsweise unterliegen auch Cloud-Anbieter mit Hauptsitz in Europa, die Geschäfte in den USA tätigen, den Anforderungen des Gesetzes. OVHcloud, ein Cloud-Service-Anbieter mit Hauptsitz in Frankreich, der in den USA tätig ist, vermerkt auf seiner CLOUD Act FAQ-Seite, dass “OVHcloud rechtmäßigen Anfragen von Behörden nachkommen wird. Im Rahmen des CLOUD Act könnte dies auch Daten einschließen, die außerhalb der Vereinigten Staaten gespeichert sind.” Ähnlich verhält es sich mit anderen Cloud-Anbietern mit Hauptsitz in der EU und anderswo, die ebenfalls in den USA tätig sind.

Fakt 4: Die Grundsätze des CLOUD Act stehen im Einklang mit internationalem Recht und den Gesetzen anderer Länder

Der CLOUD Act hat keine neue Rechtsposition bezüglich des Umfangs elektronischer Daten eingeführt, die im Rahmen legitimer strafrechtlicher Ermittlungen offengelegt werden müssen. Viele Länder verlangen die Offenlegung von Kundendaten, unabhängig vom Speicherort, als Reaktion auf rechtliche Verfahren im Zusammenhang mit schweren Straftaten. Der britische Crime (Overseas Production Orders) Act beispielsweise ermöglicht es britischen Strafverfolgungsbehörden, im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen auf außerhalb des Vereinigten Königreichs gespeicherte elektronische Daten zuzugreifen. Laut einer Einreichung des US-DOJ von 2024 haben mehrere EU-Mitgliedstaaten, darunter Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland und Spanien, ähnliche Anforderungen. Tatsächlich kommt seit 2023 die Mehrheit der Strafverfolgungsanfragen, die AWS erhält, von Behörden außerhalb der Vereinigten Staaten.

Dieses Konzept ist auch in der Budapest-Konvention zur Cyberkriminalität verankert, dem ersten internationalen Vertrag zur Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Untersuchung von Cyberkriminalität. Darüber hinaus ermächtigt die EU-Verordnung e-Evidence, 2023/1543, die im August 2023 verabschiedet wurde, die Mitgliedstaaten dazu, “einen Dienstanbieter anzuweisen, elektronische Beweismittel unabhängig vom Standort der Daten zu erstellen oder zu sichern”. Die DSGVO erlaubt ebenfalls die Übermittlung personenbezogener Daten als Reaktion auf verpflichtende Offenlegungsanfragen aus Drittländern – vorausgesetzt, die betreffende Partei kann sich auf eine geeignete Rechtsgrundlage und ein Übertragungsinstrument oder eine Ausnahmeregelung berufen (siehe die aktuellen EDSA Leitlinien 02/2024 zu Artikel 48).

AWS setzt sich dafür ein, dass Regierungen gegenseitige Vollzugsvereinbarungen im Rahmen des CLOUD Act abschließen, einschließlich zwischen den USA und der Europäischen Union sowie den USA und Kanada. Wir glauben, dass diese Vereinbarungen wichtig sind, um potenzielle Gesetzeskonflikte endgültig zu lösen und eine effektive Untersuchung schwerer Straftaten zur Förderung der öffentlichen Sicherheit zu ermöglichen. Dabei werden die bereits bestehenden starken materiell- und verfahrensrechtlichen Schutzmaßnahmen nach US-Recht anerkannt.

Fakt 5: Der CLOUD Act beschränkt nicht die technischen Maßnahmen und operativen Kontrollen, die AWS seinen Kunden zum Schutz vor unbefugtem Zugriff auf Kundendaten anbietet

Wir können auf rechtliche Datenanfragen nur dann reagieren, wenn wir die technische Möglichkeit dazu haben. AWS verfügt über eine Reihe von Produkten und Services, die sicherstellen, dass niemand – nicht einmal Mitarbeiter:innen von AWS – auf Kundeninhalte zugreifen können. AWS Kunden verfügen auch über eine Reihe zusätzlicher technischer Maßnahmen und operativer Kontrollen, um den Zugriff auf Daten zu verhindern. Beispielsweise sind viele der AWS Kernsysteme und Services mit Zero-Operator-Zugriff konzipiert, was bedeutet, dass die Services keine technischen Möglichkeiten für AWS Mitarbeiter:innen bieten, auf Kundendaten als Reaktion auf eine rechtliche Anfrage zuzugreifen.

Das AWS Nitro System, das die Grundlage der AWS Rechendienstleistungen bildet, verwendet spezialisierte Hardware und Software, um Daten während der Verarbeitung auf Amazon Elastic Compute Cloud (Amazon EC2) vor externem Zugriff zu schützen. Durch eine starke physische und logische Sicherheitsgrenze ist Nitro so konzipiert, dass keine unbefugte Person – nicht einmal AWS Mitarbeiter:innen – auf Workloads von Kunden auf EC2 zugreifen kann. Das Design des Nitro Systems wurde von der NCC Group, einem unabhängigen Cybersicherheitsunternehmen, validiert. Die Kontrollen, die den Betreiberzugriff verhindern, sind für das Nitro System so grundlegend, dass wir sie in unsere AWS Servicebedingungen aufgenommen haben, um allen unseren Kunden eine zusätzliche vertragliche Zusicherung zu geben.

Wir bieten Kunden auch Funktionen und Kontrollen zur Verschlüsselung von Daten, sei es während der Übertragung, im Ruhezustand oder im Arbeitsspeicher. Alle AWS Services unterstützen bereits Verschlüsselung, wobei die meisten auch die Verschlüsselung mit kundenverwalteten Schlüsseln unterstützen, die für AWS nicht zugänglich sind. Der AWS Key Management Service (AWS KMS) ist das erste hochskalierbare, Cloud-native Schlüsselverwaltungssystem mit FIPS 140-3 Level 3-Zertifizierung. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass AWS eine äußerst starke Verschlüsselung anbietet, bei der unsere Kunden kontrollieren, wer einen Schlüssel erhält.

Fortsetzung unserer Kundenorientierung

Bei AWS bestimmt unser kundenorientierter Ansatz alles, was wir tun – von der Gestaltung unserer Services bis zum Schutz Ihrer Daten. Wir verstehen, dass Ihr Vertrauen durch Transparenz, starke technische Kontrollen und unermüdlichen Einsatz für Ihre Interessen verdient wird. Deshalb haben wir klar kommuniziert, wie wir mit behördlichen Datenanfragen umgehen, einschließlich der Auswirkungen des CLOUD Act, und der mehrschichtigen Schutzmaßnahmen – rechtlich, operativ und technisch – zum Schutz Ihrer Daten.

Wir ermutigen Sie, mehr über dieses wichtige Thema zu in unseren erweiterten CLOUD Act FAQs zu lesen. Wir werden weiterhin in Ihrem Interesse innovativ sein, neue Funktionen und Services entwickeln, die Ihnen die Kontrolle über Ihre Daten geben, und unser Engagement für höchste Datenschutz- und Sicherheitsstandards aufrechterhalten.

Über den Autor

Bob Kimball Bob Kimball ist Chief Regulatory Officer und ehemaliger General Counsel bei AWS. In seiner aktuellen Position ist Bob ein AWS-Experte für globale regulatorische Fragen und arbeitet eng mit Aufsichtsbehörden und Kunden zu Themen wie KI, digitale Souveränität, Energie und anderen Schlüsselthemen zusammen, die den Betrieb von Cloud-Infrastruktur und -Services betreffen.