AWS Germany – Amazon Web Services in Deutschland

Daten und Künstliche Intelligenz als Spielmacher: Wie Holstein Kiel OpenAI-Modelle auf Amazon Bedrock für intelligentes Scouting nutzt 

Die Digitalisierung bestimmt in der heutigen Zeit nicht nur dynamische Entwicklungen in der Industrie, sondern auch im Sport. In der Industrie kennzeichnen digitale Lösungen aus der vierten industriellen Revolution vor allem Technologien, die beispielsweise Produktionssysteme effektiver, Lieferketten transparenter, Arbeitsabläufe sicherer und Geschäftstätigkeiten mannigfaltiger Art effizienter gestalten.  Das Produktportfolio von Amazon Web Services (AWS) bietet dabei Lösungen an, die sowohl im industriellen wie auch beispielsweise im Sportbereich gezielt Kundenherausforderungen adressieren.

Denn ähnlich transformativ wirkt die Digitalisierung auch im Sport. Vor allem im Fußball, beeinflussen Werkzeuge wie Data Analytics oder Künstliche Intelligenz (KI) vor allem strategisch wichtige Bereiche, wie das Talente-Management und –Scouting, die Fan Experience in den Stadien und die Verbreitung kommerzieller Werbung über digitale Kanäle. Die Fan Experience wird durch Live-Schaltung von Spielparametern wie der Torwahrscheinlichkeit oder der Gewinnchance während der digitalen Spielübertragung verbessert. Kommerzielle Werbung kann über mehrere digitalen Kanäle zielgruppengerecht bereitgestellt werden. Im Talente-Management und –Scouting helfen Data Lakes bei der Speicherung relevanter Informationen zu Spielern bei Transferentscheidungen. Die Analyse historischer Spieldaten der eigenen und der gegnerischen Mannschaft trägt zur effizienten Gestaltung von Matchplänen bei und die Sammlung von Spielerdaten während des Spiels und des Trainings ermöglicht die Bereitstellung spezifischer Trainingspläne, die die Performanz von Spielern steigern und Verletzungen durch Überbelastung reduzieren sollen.

Herausforderung: Traditionsverein sucht nach innovativen Lösungen zur Beseitigung von Datensilos

Holstein Kiel, ein langjähriger deutscher Traditionsverein, befand sich vor der Herausforderung, die Fülle an verfügbaren digitalen Daten, beispielsweise Event- und Trackingdaten aus Fußballspielen oder auch persönliche Trainingsdaten zu vereinen, um Datensilos von Spieler- und Spieldaten aufzubrechen. Das Ziel dieser Datenspeicherung und –aufbereitung sollte das Schaffen einer innovativen Lösung sein, die sowohl die individuelle Leistungsfähigkeit der Spieler wie auch die Teamperformanz u.a. durch bestmöglich abgesicherte Transferentscheidungen steigern würde.  Zunächst einmal, stand die Selektion der geeigneten Datenquellen im Vordergrund.

„Daten sind für uns ein wichtiger Bestandteil, um Spielerleistungen objektiver zu bewerten und Entwicklungspotenziale frühzeitig zu erkennen. Sie liefern wertvolle Grundlagen für Scouting und Kaderplanung – immer im Zusammenspiel mit der Expertise unserer Trainer und Scouts. Entscheidend ist dabei aus der Vielzahl der einzelnen Datenpunkte werthaltige Informationen zu generieren, die wir in der Entscheidungsfindung berücksichtigen.“, sagt Geschäftsführer Sport & Vize-Präsident Olaf Rebbe über die Bedeutung von Daten für den Verein.

Datenquellen identifizieren: Holstein Kiels strategischer Ansatz

Im modernen Fußball gibt es unzählige Datenquellen, von Merchandising über Broadcasting bis hin zu Social Media. Kiels Ansatz fokussiert sich jedoch auf Daten, die direkt die sportliche Leistung beeinflussen. Mit diesem Fokus identifizierte Holstein Kiel sechs zentrale Bereiche: Belastungssteuerung, mentale Verfassung, medizinische Betreuung, Teammanagement, Scouting und Spielanalyse. Besonders Scouting und die Spielerentwicklung stehen im Mittelpunkt, da hier das größte Potenzial für nachhaltige Wettbewerbsvorteile sowohl aus sportlichen wie auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten liegen. All diese Bereiche haben eines gemeinsam: Verbesserungen wirken sich direkt auf das Kerngeschäft aus. Jede noch so kleine Optimierung kann den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen. Genau deshalb ist Holstein Kiels Datenreise so entscheidend, denn sie kann einen wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung des nachhaltigen Erfolgs des Vereins liefern.

Dazu der Cheftrainer Marcel Rapp: „Wir haben hier enormes Fachwissen im Team. Je besser wir dieses Wissen einsetzen und nutzen können, desto erfolgreicher werden wir sein. Daten helfen uns v.a. dabei wichtige, objektive Informationen in kurzer Zeit generieren zu können. In kurzer Zeit die richtigen Entscheidungen zu treffen ist ein entscheidender Faktor in unserem Alltag.“

Spielerzentrierte Datenarchitektur: Das Fundament für langfristigen Erfolg

Die sechs identifizierten Anwendungsbereiche lassen sich nicht nur auf die Profimannschaft anwenden, sondern auch auf den Nachwuchs und teilweise auch auf externe Spiele anderer Mannschaften. So entsteht idealerweise eine lückenlose Dokumentation der Spielerentwicklung vom Jugendteam bis zur ersten Mannschaft. Dieser ganzheitliche Ansatz erfasst nicht nur die sportliche Entwicklung, sondern auch den wirtschaftlichen Wert jedes Spielers über seine gesamte Vereinslaufbahn. Entscheidend dabei ist, dass die verschiedenen Datenquellen nicht isoliert betrachtet werden. Stattdessen müssen die Informationen intelligent verknüpft werden, sowohl interdisziplinär als auch über längere Zeiträume hinweg. Hinzu kommt eine dritte Ebene, die verschiedene Sensoren und Datenquellen wie Wearables beinhaltet. Für diese mehrdimensionale Verknüpfung braucht es einen eindeutigen Schlüssel, der in allen Bereichen und über die Zeit hinweg konstant bleibt. Im Fußballsport ist das der Spieler selbst. Dieser spielerzentrierte Ansatz ermöglicht Holstein Kiel detaillierte Leistungsprofile zu erstellen, die weit über herkömmliche Scouting-Methoden hinausgehen. Durch die kontinuierliche Datensammlung entstehen umfassende digitale Zwillinge der Spieler, wertvolle Assets sowohl für die interne Entwicklung der Spieler als auch für externe Transferoptionen.

Holstein Kiels-Lösungsraum erstreckt sich somit über drei Dimensionen: Anwendungsbereiche („Topic of Opportunity“), Teams („Environment of Opportunity“) und Datenquellen. Zusammengehalten wird alles durch die Spieler-ID als zentralen Identifikator (siehe Abbildung 1). Diese durchgängige Dokumentation erfasst die Individualität jedes Spielers und seine Entwicklung über Jahre hinweg. Dadurch entstehen detailreiche Profile mit wertvollen Kontextinformationen, die Basis für gezielte Förderung und eine optimale Wertentwicklung der Spieler sind.

Abbildung 1: Holstein Kiels Lösungsraum aufgespannt über Anwendungsbereiche (vertikal) und Teamebenen (horizontal)

Das richtige Mindset: Holstein Kiels Kompass für die digitale Transformation

Für einen traditionellen Fußballverein wie Holstein Kiel bedeutet die Datenreise weit mehr als nur neue Technologien einzuführen. Es ist eine umfassende Transformation, die verschiedene Bereiche betrifft. Wie arbeiten die Abteilungen künftig zusammen? Wie lassen sich jahrzehntelange Erfahrung und moderne Technologie sinnvoll verbinden? Und wie misst man den Erfolg neuer Ansätze?

Um diese vielschichtigen Herausforderungen zu meistern, braucht es einen klaren Kompass. Holstein Kiel setzt dabei auf das Data Value Generator Flywheel (siehe Abbildung 2). Der Ansatz beginnt beim erkannten Datenpotenzial und entwickelt daraus konkrete Anwendungsfälle. Die technische Infrastruktur ist dabei so aufgebaut, dass schnelle Iterationen möglich sind, von ersten Prototypen bis hin zu funktionsfähigen Lösungen, ohne dabei Ressourcen zu verschwenden. Zeigt ein Anwendungsfall positive Ergebnisse, kann er dank der flexiblen Architektur problemlos ausgebaut werden. Mit jedem erfolgreichen Projekt wächst nicht nur die Datenlandschaft, sondern auch der messbare Nutzen für das Kerngeschäft. Das schafft Vertrauen, erhöht die Sichtbarkeit des Projekts und bringt zusätzliche Ressourcen, sowohl personell als auch finanziell.

Abbildung 2: Holstein Kiels Leitmodell für die Datenreise, das „Data Value Generator Flywheel“

Praxisbeispiel: Intelligente Spieleranalyse mit modernster Technik

Um das beschriebene Modell umzusetzen, hat Holstein Kiel gemeinsam mit AWS fünf technische Grundprinzipien definiert. Diese umfassen Skalierbarkeit, Standardisierung und Automatisierung, demokratisierten und sicheren Datenzugang, modulare Architektur sowie ereignisgesteuerte und logisch verknüpfte Funktionen.

Skalierbarkeit ist das Fundament für nachhaltiges Wachstum. AWS bietet hier den Vorteil, dass die Infrastruktur mitwächst und nur das bezahlt wird, was tatsächlich genutzt wird, ganz im Sinne eines “Pay-as-You-Go“-Modelles, keine hohen Vorabinvestitionen sind hierbei nötig. Standardisierte und automatisierte Datenpipelines sorgen für effizientes Datenmanagement, während die modulare Architektur flexible Erweiterungen ermöglicht. Das reduziert den technischen Aufwand erheblich, besonders wichtig für einen Verein, der nicht primär als Technologieunternehmen fungiert und sich auf sein Kerngeschäft fokussieren will.

Ein Beispiel im Anwendungsfeld Scouting ist die Verbindung von physischen Attributen (wie Antrittsschnelligkeit & Anzahl Beschleunigungen) und der Torgefährlichkeit (pXT) eines Spielers. Abbildungen 3 zeigt beispielhaft ein auf Amazon QuickSight basierendes Dashboard, welches Leistungs- und Spielerdaten aufweist.

Abbildung 3: Spielerprofil mit Leistungs- und Spieldaten

Auf dieser Basis können ganzheitliche, digitale Zwillinge der eigenen Mannschaft wie auch externer Teams fast auf der ganzen Welt differenziert abgebildet werden. Dadurch generiert Kiel in kürzester Zeit Erkenntnisse darüber, welche Spieler potenziell als Transferoption zur Steigerung der eigenen Teamperformance in Frage kommen würden.
Die technische Grundlage zeigt Abbildung 4.

Abbildung 4: Holstein Kiels technische Architektur mit vier Säulen: Datensammlung, Datenverarbeitung, Analyse und Bereitstellung

Zukunftsvision: KI-gestützte Analyse mit OpenAI und Amazon Bedrock

Holstein Kiel experimentiert derzeit mit zukunftsweisenden KI-Technologien und prüft das Potenzial von OpenAI-Modellen über Amazon Bedrock in Kombination mit einer intelligenten Wissensdatenbank. Diese innovative Lösung könnte sportlichen Entscheidungsträgern künftig ermöglichen, über eine Chatbot-Oberfläche in natürlicher Sprache direkt mit den Spielerdaten zu kommunizieren. Diese Vision sieht vor, dass bspw. Kaderplaner komplexe Fragestellungen zum Leistungsausprägung der eigenen Spieler in Abgleich zu externen Spielern stellen und automatisch eine Auswahl an potenziell interessanten Transferoptionen auf Basis einen mehrdimensionalen (sportlich, wirtschaftlich, persönlich) positionsspezifischen Spielerprofils bekommen. Technisch würden Daten von Trainingsgeräten automatisch in einen zentralen Datenspeicher (Amazon Simple Storage Service (S3)) fließen und für KI-Analysen aufbereitet werden. Die OpenAI-Modelle auf Amazon Bedrock führen komplexe Analysen durch, die weit über herkömmliche Statistiken hinausgehen. Die KI-generierten Erkenntnisse werden dann flexibel und intuitiv auf verschiedenen Geräten bereitgestellt.

Der Head of Match Analysis/Recruitment/Innovation Alexander Rudies über das Potenzial der KI-gestützten Effizienzsteigerung für die künftige Spieleranalyse: „In einer Struktur mit begrenzten personellen Ressourcen ist es wichtig die Fachexpertise der jeweiligen Personen richtig an den entscheidenden Prozessschritten zielgerichtet einzusetzen. Die KI wird uns in Zukunft v.a. dabei helfen, einen Großteil unserer Prozesse in der operativen Arbeit zu übernehmen. Dadurch können wir die menschliche Fachexpertise gezielter auf die Entwicklung von Lösungen und die Vermittlung von Information an unsere Spieler einsetzen.“

Fazit: Holstein Kiels Erkenntnisse und Ausblick

Holstein Kiels erste Erfahrungen auf der Datenreise zeigen wichtige Erfolgsfaktoren auf. Flexibilität ist entscheidend, um auf die Unwägbarkeiten des Fußballgeschäfts reagieren zu können. Die aktuellen Experimente mit KI-Technologien wie OpenAI-Modellen über Amazon Bedrock eröffnen völlig neue Möglichkeiten, nicht nur für mehr Effizienz, sondern auch für innovative Geschäftsmodelle.

Erfolgsentscheidend ist das richtige Mindset für kulturelle und organisatorische Veränderungen sowie eine technische Infrastruktur, die Innovationen beschleunigt, statt sie zu bremsen. Die spielerzentrierte Datenarchitektur kombiniert mit experimentellen KI-Ansätzen positioniert Holstein Kiel als Vorreiter für datengetriebene Innovation im Fußball.
Diese Kombination schafft maximale Ressourceneffizienz und messbaren Geschäftswert. Das führt zu mehr Akzeptanz, höherer Sichtbarkeit und letztendlich zu zusätzlichen Ressourcen. Der Nordstern bleibt dabei immer das Vereinsziel. Holstein Kiel will Fußballspiele gewinnen und Spieler entwickeln, künftig möglicherweise unterstützt durch die Kraft künstlicher Intelligenz.

 

Über die Autoren

Markus Brunnschneider ist Head of Technical Recruitment bei Holstein Kiel sowie Head of Match Analysis / Scouting / Data am Internationalen Fußballinstitut. Er unterstützt Verein bei der Neustrukturierung ihrer Scouting Departments, Entwicklung und Implementierung effizienter Prozessstrukturen. Er bringt über 15 Jahre fußballspezifische Erfahrung in den Bereichen Match Analysis, Scouting & Recruitment mit. Seine Expertise umfasst neben der qualitativen Analyse von Spielen und Spielern v.a. die gewinnbringende Anwendung von Spielerdaten zur Automatisierung von Prozessschritten und Generierung neuer Insights. Er befähigt dadurch Clubs schneller bessere Entscheidung treffen in Bezug auf Spielertransfers und Spieltaktiken treffen zu können.
Kevin Ridolfi ist EMEA Customer Solutions Manager bei Amazon Web Services (AWS) in München, Deutschland. Er ist verantwortlich für das Management großer digitaler Transformationen von Unternehmen. In seiner Funktion beschäftigt sich Kevin mit der Orchestrierung komplexer Geschäftstransformationen, der Leitung umfangreicher strategischer Innovationsprojekte und das Management geschäftskritischer Cloud-Migrationen. Er bringt fundierte Expertise in modernsten Technologien wie Serverless-Architekturen, Generativer KI und Blockchain mit. Vor seiner jetzigen Position bei AWS verbrachte Kevin mehrere Jahre in der Automobil- und Halbleiterindustrie, wo er Projekte in der Produktionsprozessoptimierung, im Supply Chain Management und im Innovationsmanagement leitete. Kevin besitzt einen Master of Science in Maschinenbau und Management von der renommierten Technischen Universität München (TUM) sowie einen Bachelor of Science in Maschinenbau und Produktionstechnik von der Technischen Universität Dresden (TUD).
Thomas Wagner ist als Solutions Architect bei Amazon Web Services (AWS) in München tätig und ein zentraler Wegbereiter für die digitale Transformation des deutschen Mittelstands. Er spezialisiert sich darauf, etablierte Unternehmen sicher und effizient in die Cloud zu führen und die damit verbundenen strategischen Herausforderungen zu meistern. Neben der Konzeption robuster Cloud-Architekturen liegt sein Fokus auf der Implementierung zukunftsweisender Technologien wie Künstlicher Intelligenz und Machine Learning, um neue Geschäftspotenziale zu erschließen. Vor seiner Zeit bei AWS war er bereits als Solutions Architect bei einem deutschen IT-Security-Hersteller tätig. Seine akademische Laufbahn umfasst einen berufsbegleitenden Master of Science in IT-Projekt- und Prozessmanagement der Hochschule Augsburg sowie einen dualen Bachelor of Science in Informatik der Hochschule München.